Anfänge der Tonaufzeichnung

Feature von weibelth

Dauer: 4:10 Minuten

Audio-Nr: #2896

Inhalt: Aller Anfang ist schwer. Das wissen wir, und das wussten die ersten Tüftler, die den geradezu aberwitzigen Versuch unternahmen, Töne aufzuzeichnen und wiederzugeben. Was heute als digitales Audiofile daherkommt, hatte vor 150 Jahren noch die Form einer Walze, später dann einer Scheibe. Eine Hommage an die Väter der Schallplatte.

Ereignis Ort: Bruderholzstrasse 10, 4102 Binningen, Switzerland
Skript: März 1857: Der Kupferstich der Patentschrift zeigt einen «Phonautographen», wörtlich «Tonselbstschreiber». Das Gerät sah ein bisschen aus wie ein Miniatur-Betonmischer, und es bestand aus einem grossen, leicht geneigten Schalltrichter, einer Membran mit abstehender Schweineborste und einem russgeschwärzten Glaszylinder mit Handkurbel. Ihr Erfinder, der Pariser Drucker Édouard-Léon Scott de Martinville, schaffte es, mit dieser abenteuerlichen Konstruktion das Kinderlied «Au clair de la lune» einzufangen und auf die verrusste Glaswalze zu kratzen. [O-Ton 10’’ Au clair de la lune, 1860] Es sollte weitere 20 Jahre dauern, bis der weltberühmte «Phonograph» des Thomas Alva Edison Töne aufzeichnen und wiedergeben konnte, die man auch wirklich als solche erkannte. Die erste Aufnahme war wieder ein Kinderlied: Edison persönlich sprach den Anfang von «Mary had a little lamb» in den Schalltrichter seines Apparats: [O-Ton 17‘‘ Thomas Edison Mary had a little lamb, 1877] «Ein kleines Stück praktischer Poesie», wie er es nannte. Edisons Phonograph ritzte den Ton mit Membran und Nadel in eine Zinnfolie, später in eine Wachswalze. Das Prinzip war einfach: In den Rillen fanden sich nach der Aufnahme mikroskopische Berge und Täler, die den Schallwellen des aufgenommenen Tons entsprachen. Bei der Wiedergabe lief eine zweite Nadel der Rille entlang und verwandelte das Relief wieder in Klang. Die Walze aber war umständlich: Sie war sperrig, und sie war schwer zu vervielfältigen. In den 1880-er Jahren begannen daher deutsche und amerikanische Erfinder, die Schwingungen statt dessen in spiralförmigen Rillen auf flache Scheiben zu prägen – und damit war die Schallplatte geboren. Es war der Deutsch-Amerikaner Emil Berliner, der die sogenannte Tiefenschrift von Thomas Edison verbesserte: Die nämlich hatte den Nachteil, dass sie nur geringe Unterschiede bei der Lautstärke zuliess, weil die Rillen bei den lauten Stellen nicht beliebig tief sein konnten. Berliner liess die Nadel stattdessen zur Seite pendeln. Diese waagrechte Auslenkung verbesserte den Klang markant. Aus den Wachs- wurden Schelllackplatten, aus den Handkurbeln Motoren mit Federantrieb. Zum Massenmedium wurde die Schallplatte allerdings erst 1930: Die «Radio Corporation of America», kurz RCA, brachte die erste langspielende Schallplatte aus Polyvinylchlorid heraus. Die neuen, 33-mal pro Minute drehenden Platten enthielten Mitschnitte beliebter Radioprogramme, das neue Vinyl sorgte für geradezu brillanten Klang: [O-Ton 18’’ Glenn Miller Orchestra, Jukebox Saturday Night, fadeout] Der Rest ist Geschichte: Die Schallplatte trat, als Single oder als LP, ihren Siegeszug an. Aus den ersten Presswerken wurde eine gigantische Industrie, und weltweit wurden Abermillionen von Platten verkauft. Allein im Rekordjahr 1981 gingen 1,14 Milliarden LPs über den Ladentisch. Indes: Jeder Anfang hat ein Ende, und das Ende der Schallplatte hiess «Compact Disc». Anfang der 1980-er Jahre von den Konzernen Philips und Sony eingeführt, fegte die CD die LP förmlich vom Markt. Innert weniger Jahre brachen die Vinyl-Verkäufe dramatisch ein. Doch ganz totzukriegen ist die LP bis heute nicht. Wer ein rechter Liebhaber ist, der weiss, dass nichts so natürlich klingt wie das gute alte (und analoge) Vinyl. [Musik 3:11‘‘ Glenn Miller and his Orchestra: Jukebox Saturday Night]
Upload Datum: 21.12.2015

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