Mediennutzung postfaktisch

Wer hört uns eigentlich?

Die Zukunft liegt im Internet, die alten Rundfunkanstalten werden neue trimediale Unternehmen, die Jugendwelle von ARD und ZDF trägt nur noch den Namen „funk“, hat aber mit Funken nichts mehr zu tun, schon gar nicht mit dem in die Runde  und  findet ausschließlich im Netz statt, vorzugsweise auf Drittplattformen wie youtube, facebook, instagram und Co..  Auch die Diskussionen werden vom Gästebuch auf der homepage der Sendungen gerne auf facebook verlagert, Programmankündigungen gepostet und gewittert. Das Radio soll dahin gehen, wo die Hörer vermutet werden: nicht mehr am heimischen Empfänger oder im Auto, sondern im Internet. – Wohin macht es sich also auf den Weg und zu wem?   Kinder und Jugendliche konsumieren Medien angeblich nur noch übers www. Die MA Radio Studie 2016 II, die Aussagen macht, wer was wann auf üblichem Wege hört,  berichtet tatsächlich von einem Rückgang der Tagesreichweite bei 14-29-jährigen in den letzten 10 Jahren um 3% von 74% auf 71%. Bleiben also maximal 29% fürs Internet. Allerdings geben nur 7,4% der Befragten an, am Vortag Radio via Internet gehört zu haben. Bei podcasts stagniert die Zahl der Hörer 2015/16: 4% der Onliner nutzen die Angebote einmal pro Woche, glaubt man den Zahlen der MA,  die ARD/ZDF onlinestudie spricht von 7%: 3,9 Millionen Podcasthörer wären das. Wie diese Zahlen zustandekommen und wie zuverlässig sie sind, kann aber keiner so recht sagen. Logfiles werden dabei verarbeitet, aber was ist z.B. mit Bots? Kann man die wirklich alle rausrechnen und wird das immer getan? Neue Meldungen verunsichern: bei youtube brechen die Abruf-Zahlen unvermittelt ein, Kelly MissesVlog hat plötzlich nur noch die Hälfte ihrer 10 Mio. Klicks und auf facebook muss Christian Ströbele feststellen, daß er 59,17 % fake-follower hat. An den Zahlen hängen Geschäftsmodelle!  Und nicht umsonst ist die ARD-Werbung für die MA zuständig und das für sie arbeitende Forschungsinstitut wird von der Werbeindustrie finanziert. Lothar Mai, Medienforscher der ARD,  ist daher auch skeptisch, was den podcast-boom angeht. Abgesehen davon, daß es dafür noch keine gesicherten Zahlen gibt: die Studie, die neben klassischem Radio auch die Internetnutzung berücksichtigt - die IP Audio - erfasse derzeit nur livestreams,erklärt er; und   im Vergleich von Millionen Hörern am Tag z.B. bei SWR3, seien Millionen Audio- Abrufe, podcasts im Monat oder Vierteljahr eher wenig: „Weit über 90% der Radionutzung erfolgt noch immer auf klassischem Wege“, d.h. terrestrisch, über Satellit oder Kabel. Aber postfaktisch gesehen hören vor allem Jugendliche nur noch übers Internet und vorzugsweise auf smartphones. Sie hören jedenfalls! - Wo, wie lange und was auch immer. Also laßt uns für sie Radio machen, Geschichten erzählen und die Welt erklären. Sie werden uns schon hören!     Hier gibt es die Studien und Zahlen: Media Perspektiven Nr.9, 1.9.2016 In Mehrspur 64 Interviews zum Thema u.a. das mit Lothar Mai  

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