Aller Anfang ist schwer

Als ich in meiner Jugend regelmäßig Tagebuch schrieb, ließ ich die erste Seite eines neuen Buchs meistens frei. Kein Wort, kein Gedanke schien bedeutend genug ihn auf diesem unbefleckten, weißen Papier zu verewigen. Auf den Anfang kommt es an, egal ob im Buch, Feature oder Blog. Er soll die LeserInnen oder HörerInnen neugierig machen auf das, was folgt. Dran bleiben - nicht abschalten. Weiterlesen - nicht wegwischen oder zuklappen. Doch was ist heute, in dieser schnelllebigen Zeit, (noch) wert veröffentlicht zu werden? Wer wird überhaupt Kenntnis davon nehmen? Ich schiebe diese Gedanken beiseite und lasse mich auf das Experiment ein - Akustisches Tagebuch. Mit Tagebüchern habe ich Erfahrung, genauso mit Tönen, Klängen, Geräuschen. Nun heißt es beides zusammenzubringen und dann zu veröffentlichen. Doch Tagebücher sind normalerweise nicht für die Öffentlichkeit gedacht - im Gegenteil. Sie werden unter Kopfkissen oder in Holzkisten versteckt, damit die Mutter oder der Mitbewohner sie nicht findet. Manchmal tauchen sie erst Jahrzehnte später wieder auf. In ihnen herumzublättern ist wie eine Reise in eine vergessene Zeit. Gibt es heute überhaupt noch Menschen, die mit Füller, Kuli oder Filzstift Bücher füllen, deren Inhalt nur für sie selbst bestimmt ist? Was ist noch Privat und was ist öffentlich? Einträge bei Facebook, Twitter oder Instagram sind öffentlich, so viel steht fest. Auch wenn das manche Menschen scheinbar vergessen. Viele schnell getippte Nachrichten und Schnappschüsse wären besser zwischen zwei Buchdeckeln unter einem Kopfkissen aufgehoben, als sie mit "FreundInnen" oder "Followern" zu teilen. Berühmtes Beispiel: Die Gedanken von Donald Trump. Wieder tauchen Fragen auf: Was ist heute, in dieser von Hass und Hetze geprägten Zeit, (noch) wert veröffentlicht zu werden? Wer wird überhaupt Kenntnis davon nehmen? Ich schiebe diese Gedanken beiseite und lasse mich auf das Experiment ein. Ich werde in regelmäßiger Unregelmäßigkeit Gedanken, Geräusche und Geschichten teilen, die sich am Wegesrand auftun. Alltägliches und Ungewöhnliches. Der Anfang ist getan. Wohin der Weg führt? Who knows.