"Einfache Menschen"

21.12.2015

Jeden Morgen schalte ich beide Radios in meiner Wohnung ein, um die Sendung "Prima Pagina", "Seite eins" auf Radio RAI 3 zu hören, die Presseschau der italienischen Tageszeitungen, die im Wechsel jede Woche von einem anderen Zeitungsjournalisten als Gast moderiert wird. In der zweiten Hälfte der Sendung beantwortet der Journalist oder die Journalistin dann Hörerfragen oder stellt sich Kommentaren. Vor einigen Tagen verwendete die diensthabende Journalistin im Gespräch mit einer Hörerin den Ausdruck "einfache Menschen". Sie wollte sagen, ungebildete Menschen, also Menschen, die nicht über die geeigneten Werkzeuge verfügen, sich in der Welt zu orientieren und zu bewegen. Diese Journalistin geht also davon aus, dass Radio RAI 3 nicht von "einfachen Menschen" gehört wird. Eben das scheint mir eine treffende Beschreibung für den Hauptfehler des öffentlich-rechtlichen Kulturradios in Italien: Menschen, die sich nicht als "einfache Menschen" betrachten, sprechen zu ihresgleichen, also anderen Menschen, die sich nicht als "einfache Menschen" betrachten, aber doch bisweilen womöglich "einfache Menschen" sind.

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