Radio vor Ort

26.02.2014

Radioblog Radio am Ort Gerade findet die Marrakesh Biennale statt. Berit Schuck und Julia Tieke handeln dort mit Geschichten der Stadt - Trading Urban Stories - und strahlen diese vor Ort aus. Eines von vielen interessanten, neueren Projekten, die das Hörspiel, die Stimme oder den Klang direkt in der Stadt verorten. Das Prinzip des Radios – von einem Ort an alle auszustrahlen – wird dabei nicht gerade umgekehrt (wobei das auch interessant sein könnte), sondern für einen Ort ein spezifisches Klangarchiv virtuell zur Verfügung zu stellen. Das sicher beeindruckendste Projekt in dieser Hinsicht bildet Michaela Meliáns Memoryloops (http://www.memoryloops.net/de#!/start/). 300 Tonspuren zu Orten des NS-Terrors sind über München verteilt, können online, aber auch vor Ort – zum Teil über das Telefon angehört werden. Bei einer Veranstaltung zur Vorstellung der Radio-Ausgabe von Kultur und Gespenster hat die Künstlerin das Projekt noch einmal eindrücklich vorgestellt (http://www.freie-radios.net/61645). In gewisser Weise kommt ein bis dahin unhörbares Archiv zum Sprechen, aktualisiert sich für die jeweiligen HörerInnen von neuem und eröffnet damit einen neuen Erinnerungsraum. Es ist bezeichnend, dass es sich hier vor allem um ein Denkmal handelt, das aber auch als Radiosendung ausgestrahlt werden kann (http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/hoerspiel-und-medienkunst/schwerpunkte/memory-loops102.html). An einem ganz anderen Denkmal arbeitet seit vielen Jahren Udo Noll auf seiner Webseite Radio Aporee (http://aporee.org/maps/). Hier wurden ich weiß nicht wie viele tausend O-Töne auf einer Weltkarte abgelegt und sind auch an diesen Orten wiederzuhören. Wie der Hamburger Künstler Christoph Schäfer einmal anmerkte: ein melancholisches Projekt, weil es eben vergangene Klänge gegenwärtig hält. Zum Beispiel Harrys Hamburger Hafenbasar, der unter diesem Namen nachzuhören ist und ein vergangenes Stück St. Pauli erinnert. In wenigen Jahren sind es ganze untergegangene Städte.... Radio Aporee hält darüberhinaus Minuatures For Mobiles zur Verfügung (http://aporee.org/mfm/), auf der sich vor Ort ganze thematische Audiowalks unternehmen lassen – die Reihenfolge, der über GPS abgelegten Klänge wird durch den Spaziergänger selbst bestimmt. Dass ein Format keineswegs ähnliche Produkte produziert, beweist die Reihe der Beiträge eindrücklich und es ist auch erlaubt, akustisch sich durch Städte wie Alexandria führen zu lassen (http://aporee.org/mfm/tracker.php?id=138). Dort haben Berit Schuck und Julia Tieke ihr erstes Projekt, das Alexandria Streets Project durchgeführt (http://www.alexandria-streets-project.net/). Hier werden Stimmen laut, die in den üblichen Medien selten, wenn überhaupt zu vernehmen sind. Es werden Orte besucht, die eine andere Geschichte vom arabischen Frühling erzählen und überhaupt gerät ein Alltag in den Blick, der für das Gelingen der Revolutionen doch immer ausschlaggebend war. Nun handeln sie in Marakesh mit Geschichten (http://www.marrakechbiennale.org/5th-edition-2014/parallel-projects), die Stadt, dessen berühmten Platz Djemaa el-Fna Hubert Fichte mit einem noch heute hörenswerten Feature vor vielen Jahren gewürdigt hat. Ich bin gespannt, welche Geschichten heute verhandelt werden... Entscheidend, wie bei allen anderen Projekten, scheint mir, dass das Bild fehlt oder durch die Gegenwart, den Ort des Hörens gegeben wird.

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