„Was soll es hier schon Interessantes geben?“

15.02.2016

Zugegeben, ich wusste erst einmal nicht besonders viel von der Radio-/Featureszene in meinem Berichtsgebiet Südosteuropa. Eigentlich gar nichts. Denn das Radio ist hier nicht mein vorrangiges Informationsmedium. Wenn ich es einmal anschalte, dann waren die Wortprogramme vor allem durch Nachrichten, Telefoninterviews und ellenlange Studiogespräche bestimmt. Gestaltete Beiträge schien es überhaupt nicht zu geben. Insofern: Was sollte ich überhaupt Interessantes über die hiesige Radiolandschaft berichten können?

Aber nur ein bisschen tiefer geschürft, stellte ich fest: So ganz anders als in Deutschland ist es hier gar nicht. Fast in allen öffentlichen Sendern der jugoslawischen Nachfolgestaaten gibt es Abteilungen für Feature und Hörspiel (teilweise mit einer langen Tradition), auch dort sitzen engagierte Redakteure (Enthusiasten und Liebhaber), denen der Wind ins Gesicht bläst. Der Sparzwang ist auch hier allgegenwärtig (Budget und Sendeplätze müssen hartnäckig verteidigt werden). Man ist international vernetzt, fährt zum „Prix Europa“ und tauscht sich dort mit Kollegen aus (dabei fällt immer wieder der Name Peter Leonhard Braun). Die Trennung zwischen Feature und Hörspiel ist unscharf: Die meisten Feature-Autoren kommen nicht vom Journalismus, sondern vom „radio drama“ (was man auch hört).

Ich bin in letzter Zeit sowieso viel unterwegs gewesen. In Kroatien erfuhr ich dabei zum ersten Mal von der Existenz einer „Zagreb Feature Schule“. Die hatte ihre goldene Zeit zwar in den 1980ern, aber wirkt noch immer nach. In Serbien war es vor allem ein Radiosender, durch den der Protest gegen das Regime Slobodan Milosevics eine öffentliche Stimme fand. Und in Mazedonien sind einmal 5000 Menschen gegen die Regierung auf die Straße gegangen, um für ein Radio zu demonstrieren. Nicht uninteressant, oder? Dann folgen Sie mir doch auf dem legendären „autoput“, der Hauptverkehrsader durch Südosteuropa (in Jugoslawien „Straße der Brüderlichkeit und Einheit“ genannt). Wir beginnen in Zagreb. Dann geht es weiter nach Belgrad. Und schließlich runter in den Süden nach Skopje.