Wenn ich nur vier Ohren hätte

04.04.2014

Beim Radio ist das irgendwie einfacher: Wir schalten ein, hören was gerade kommt, schalten wieder aus. Fertig. Dass das Radio sozusagen still weiterdudelt und wir etwas verpassen – diesen Eindruck haben wir selten. Beim Podcasting dagegen habe ich mir mein eigenes Programm zusammengestellt. Meine Highlights. Und die will ich natürlich nicht verpassen. Was passiert also regelmäßig? Ich schaue in meine Musikverwaltungssoftware iTunes und bekomme einen Schreck, wenn da steht: 89 ungehörte Podcasts, das entspricht 2,2 Tagen Hörvergnügen. Und jeden Tag kommen neue Podcasts dazu. Was es da alles gibt, was so wichtig ist? Wo fange ich nur an? Am Besten bei meinem Gastgeber hier, dem SWR. Den höre ich in Bayern nämlich wirklich sehr gerne – und das geht als Podcast eben auch ohne Satellit oder Kabel. Da höre ich also alle Folgen des Talks „SWR1 Leute“ und von „Wie war der Tag, Liebling“ mit Anke Engelke. Dazu ausgewählte Beiträge von SWR2 Wissen, die mich der Überschrift nach interessieren. Ähnlich ist es mit den anderen öffentlich-rechtlichen Programmen, mit „Dittsche“ und dem „WDR MonTalk“, natürlich auch viel Bayern2, ich wohne ja in München. Hätten wir also die Öffis abgehakt. Was noch? Die Privaten natürlich. Privatpersonen, die Podcasts machen. Alexandra Tobor, die in „In trockenen Büchern“ Sachbücher zusammenfasst. Die Mikrodilettanten, drei Männer die über Gott und die Welt sprechen. Lang. Ähnlich, nur mit Frau dabei: „Der Weisheit“. Oder auch mal eine Folge „Hoaxilla“, in dem ein Ehepaar den großen Schwindel der Welt aufdeckt. Und dann sind da noch die Internationalen: Podcasts holen mir die Welt ins Haus. Ich höre den besten Filmkritiker der Welt am Freitag (Mark Kermode von BBC 5 Live), die grandiose Wissenschaftssendung WNYC Radiolab sobald sie erscheint, alle möglichen Sendungen von NPR, dem amerikanischen Sender. Und hole mir dann noch Sprachkurse frei Haus, wenn ein Urlaub ansteht und ich dort nicht ganz ohne Sprachkenntnisse auskommen will. Wie könnte man ohne diese wunderbare Welt weiterleben? Ohne diese Bandbreite an Inhalten, die so viel Information bringt, so viel Unterhaltung, so viel Grund zum Nachdenken? Ich kann es mir nicht mehr vorstellen. Und daher freue ich mich darauf, lange im Stau zu stehen. Lange an der Kasse zu warten. Lange im Wartezimmer zu sitzen. Denn das sind alles die Zeiten, in denen ich mir meine Freunde ins Ohr hole.

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