Dauer: 4:21 Minuten
Audio-Nr: #1403
Inhalt: „Prokrastination bezeichnet ein nicht zeitmangelbedingtes, aber umso qualvolleres Aufschieben dringlicher Arbeiten in Verbindung mit manischer Selbstablenkung, und zwar unter Inkaufnahme absehbarer und gewichtiger Nachteile.“ (Max Goldt: „Prekariat und Prokrastination“, QQ) Bericht eines Prokrastinierers. Außerdem verwendete O-Töne: Andreas Bick - Ice Sizzle (www.andreasbick.de) Sounddogs - Arrows (multiple)
Schlagworte: gelegt,Prokrastination,krausedoku
Skript: Auf Eis gelegt: Prokrastination – oder Öfter mal was anderes machen (Teil 1) habe ich viel wichtigere Aufgaben zu erledigen, aber stattdessen sitze ich hier und denke über dieses Feature nach. Ich sollte endlich meine Oma anrufen, die schon vor drei Tagen Geburtstag hatte. Ganz zu schweigen von dem Bußgeldbescheid. Der noch bezahlt werden muss. Zu dem Song, den ich für einen Werbeclip komponieren soll, fällt mir heute wahrscheinlich sowieso nichts Vernünftiges. Ich weiß wohl, dass Oma Helga einigermaßen enttäuscht sein wird und das Nichtbezahlen einen Säumniszuschlag und Mahngebühren nach sich zieht. Auch die Deadline für den Werbesong lässt sich nicht nach meinem Gusto verschieben. Trotzdem habe ich all diese Aufgaben erst mal auf Eis gelegt und beschäftige mich dafür mit diesem Text. Andere Dinge auf die lange Bank schieben, damit kenne ich mich aus. Allerdings mache ich ja tatsächlich in den seltensten Fällen gar nichts, ich habe nur eine große Abneigung gegenüber sich aufdrängenden Aufgaben. Ich muss sie erst einmal auf Eis legen. Glauben Sie nicht, dass mir das immer nur Spaß macht. Für dieses Verhalten gibt es einen Begriff. Er heißt Prokrastination. Max Goldt definiert das so: „Prokrastination bezeichnet ein nicht zeitmangelbedingtes, aber umso qualvolleres Aufschieben dringlicher Arbeiten in Verbindung mit manischer Selbstablenkung, und zwar unter Inkaufnahme absehbarer und gewichtiger Nachteile.“ (Max Goldt: „Prekariat und Prokrastination“, QQ) Und woher kommt dieses Wort? Der Ursprung des Wortes findet sich im Lateinischen. „cras“ ist der Stamm des Wortes „crastinus“ das „dem morgigen Tag zugehörig“ bedeutet. Prokrastinieren heißt also sinngemäß „etwas für morgen lassen“. Verschieben, auf Eis legen. Procrastino – vertagen. So klingt das doch schon viel besser! In einer vom protestantischen Arbeitsethos durchdrungenen Gesellschaft wie unserer, erscheint das verschieben von Aufgaben allerdings als eine Krankheit, die es zu heilen gilt. Paul Graham gibt in seinem Essay „Good and Bad Procrastination“ allerdings zu bedenken das sei „strenggenommen unmöglich“. Denn „Die Menge der möglichen Tätigkeiten ist unendlich. Die Frage ist daher nicht wie man Prokrastination vermeidet, sondern wie man richtig prokrastiniert.“ Genau! Dieses „Morgen, morgen, nur nicht heute – sagen alle faulen Leute trifft auf Prokrastinierer wie mich nicht wirklich zu. Denn wir sind keineswegs faul, wir haben eben aus verschiedenen Gründen gerade jetzt etwas anderes zu tun. Ganz einer Meinung bin ich mit Robert Brenchley, der in seinem Buch „How to get things done“ schrieb: „Jeder Mensch kann beliebige Mengen Arbeit bewältigen, solange es nicht die Arbeit ist, die er eigentlich machen sollte.“ Ich mache ja nicht unbedingt weniger als andere, nur würden die meisten mein Verhalten nicht unbedingt als zielgerichtet bezeichnen. Natürlich musste ich in diesem Zusammenhang auch das Buch von Sascha Lobo und Kathrin Passig „Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin“ lesen. Hier heißt es: „Prokrastinationsprofis … gelingen oft herausragende Leistungen. Linus Thovalds brauchte acht Jahre um sein Informatikstudium abzuschließen, weil er währenddessen das Betriebssystem Linux entwickelte, Isaac Newton vernachlässigte die Arbeit auf der Farm seiner Mutter, weil er lieber Bücher las. Robert Schumann spielte lieber Klavier, anstatt sich seinem Jurastudium zu widmen.“ Die Liste lässt sich fortsetzen. Das Prokrastinieren hat also durchaus positive Folgen. Ich kann warten. Meine Überlegungen führen mich zu dem Schluss, dass es letztendlich darauf ankommt, zur richtigen Zeit das Richtige zu tun. Damit beschäftige ich mich dann im zweiten Teil von „Prokrastination – Öfter mal was anderes machen“ . Den gibt es dann aber wohl erst, wenn ich eigentlich wieder mal etwas viel wichtigeres zu tun habe. Aber: Lieber spät als nie! Oder?! So, jetzt muss ich aber erst mal … Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Zeitmanager oder Karriere-Coach…#673 / O-Ton / mit Geodaten / Twicey
#1400 / O-Ton / mit Geodaten / Krausedoku
#1401 / O-Ton / mit Geodaten / Krausedoku
#1402 / O-Ton / mit Geodaten / Krausedoku
Zum Autor: Annett Krause. Jahrgang 74. Geboren in Bad Frankenhausen (Thüringen). Im Schatten des weltgrößten Rundgemäldes (Werner Tübke: Frühbürgerliche Revolution) aufgewachsen. Studium der Kunstgeschichte/Mittelalterlichen und Neuen Geschichte in Jena. Lebt und arbeitet seit sechs Jahren in Berlin. Zur Zeit: nachts Fernstudium an der Freien Journalistenschule Berlin und tagsüber Verkäuferin in einem Kreuzberger Feinkostladen. Beständig auf Tuchfühlung mit aktuellen Themen des öffentlichen Raumes, interessiere ich mich besonders für Biografien und ihre Hintergründe. Musik ist ein unverzichtbarer Teil meines Lebens. Aktuell arbeite ich zusammen mit Matthias Hilke in einem Musikprojekt (marmite & the one man orchestra). Matthias Hilke. Jahrgang 73. Geboren in Moringen (Niedersachsen). Studium DaF/DaZ und Politik in Bremen. Lebt und arbeitet seit fünf Jahren in Berlin. Zur Zeit: Fernstudium der Digitalen Audioproduktion.
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