Pardon, sind Sie das Volk?

Feature von hoerbaron

Dauer: 8:51 Minuten

Audio-Nr: #2371

Inhalt: Am 3.Oktober 2013 beschloss ich in die Stadt (Weimar) zu gehen und Leute zum 3.Oktober zu befragen. Mich interessierte die Beziehung der Menschen zu diesem Tag und vor allem interessierte mich, wo eigentlich das Volk ist bzw. wer das Volk ist und welche Bedeutung der Begriff Volk für die Befragten hat.

Schlagworte: Oktober,Volk,Weimar,Umfrage,Straßeninterview,Einheit,West

Ereignis Ort: Weimar
Skript: Ich: Darf ich sie was zum 3. Oktober fragen? Frau: Was soll's denn sein? Ich: Na zum Beispiel: Was für ein Tag ist der 3.Oktober? Frau: Was meinen Sie jetzt, meinen Sie jetzt, den Gedenktag, zur... Ich: Genau. Ganz einfache Frage, keine Fangfrage. Mann: Ja, Nationalfeiertag in Deutschland. Ich: Ich bin ja beruhigt, dass sie das wissen. Mann: Es ist aber auch der Todestag vom heiligen Franziskus. Ich: Ist das nicht der 4. Oktober? Mann: Nacht vom 3. auf 4. Ich: Jetzt haben sie mich ganz ausm Tritt gebracht. Ist das für sie ein persönlicher Feiertag, oder... Mann: Ja, weil meine Frau Geburtstag hat. ich bring sie noch mal ausm Tritt. Ich: Aber so jetzt Tag der deutschen Einheit... Mann: Na, ich hätt' 'n anderen Tag besser gefunden, sag ich ganz ehrlich. Ich hab das damals ja mitgekriegt und hätte gehofft, dass man den 9.November nimmt. Frau: Oder den 8.Mai, wär auch gut gewesen. Hätt mir auch gut gepasst. Mann: Aber ne, 9.November wär angemessen gewesen und 3.Oktober find ich Käse. Das war der Tag der Wiedervereinigung, aber 9.November. Da sind so viele Ereignisse. Und da hätte man immer ein Grund gehabt zurück zu denken, an Sachen die nicht so gut waren. Und der Mauerfall wär eben auch dabei gewesen. Insofern wär 9.November viel geschickter. Aber das war denen wahrscheinlich zu peinlich. Ich: Hat das für dich ne persönliche Bedeutung? Frau: Ne... ne, persönlich..nich so. Also ich war drei. Mann: Äh, ja. Frau: Ist schon von Bedeutung. Ja, sehr. Frau: Natürlich, wir sind froh, das wir insgesamt, unser Deutschland einig ist, gell? Frau: Hm. Also ehrlich gesagt, ich weiß nicht, also ich bin nach der, nach dem Mauerfall geboren. Und für mich war das immer so. Deshalb ist es jetzt. Für mich ist es einfach ein Feiertag. Also ich find's schön, dass es das gibt und das Deutschland vereinigt ist. Aber ich hab jetzt nicht so ein riesen Bezug dazu. Zwischenspiel: Wir sind das Volk. Ich: und haben sie noch das Gefühl das Volk zu sein? Mann: ja, nur das Volk. Die Oben wissen schon nicht mehr wie's uns geht. Ich: Wir sind das Volk. Mann: Ja immer mehr. Ich: Immer mehr: Können sie sagen warum? Mann: Ja, das ist ja so ne Zeit gewesen, wo doch leichte Unterschiede von Westdeutschland und der Bevölkerung hier, Mitteldeuschland, gegeben hat. Wir kommen ausm Westen. Wir sind aus Westdeutschland. Aus Nordrhein-Westfalen. Und warn sehr häufig in der ehemaligen... neuen Bundesländern. Und von daher meine ich, dass wir doch ne ganze Menge uns annähern, immer stärker annähern. Es waren doch ne ganze Menge unterschiede da. Mann: Ah, dass ist aber ne irre Frage. Na, sagen wir mal so ich... Da erwischen sie mich aufm linken Fuß. Ich hab ne tiefe Vebundenheit zur deutschen Kultur und in dem Sinne würde ich mich immer als Deutscher fühlen. Dann bin ich ziemlich sicher durch viele Reisen, dass man viel mehr Deutscher ist, als man sich selber klar macht. Das merkt man erst an den Unterschieden. Aber so ich bin stolz Deutscher zu sein, auf der Linie finden sie bei mir nix. Ich: Sie würden heute nicht noch mal auf die Straße gehn und schrein: Wir sind das Volk. Frau: Nicht unter diesen Bedingungen. Mann: Ja, nötig ist es trotzdem. Wenn ich an Prism und Tempora denke würde ich immer noch sagen: hallo Leute, WIR sind das Volk. Wir sind das Volk. Ich: Kannst du mit dem Begriff Volk noch was anfangen? Frau: Nichso. Also es ist halt. Ne. Ich: Du vielleicht? Frau: Beim Begriff Volk denk ich eigentlich immer an das Reichstagsgebäude. Dem deutschen Volke. Aber das deutsche Volk gibt es ja nicht. Wir bestehen aus mehreren Kulturkreisen und ja, sind eine vielfälltige Gesellschaft und Volk würde ich eigentlich nur noch als Begriff sehen, den das Grundgesetzt definiert. Frau: Ja selbstverständlich: das deutsche Volk ist nach wie vor in meinen Augen sehr wertvoll. Aber es lässt zu wünschen übrig. Alleine unsere Gerichte. Es ist ein Rechtsstaat. Nur mit eim Rechtsstaat. Finde ich äh, ist es nicht getan. Mann: Bei allen Wahlen nur links wählen. Frau: Oh, hör uff. Das kannst du nicht aufnehmen, Otti. ... Ham sie's aufgenommen??! Ich: Ja, das hab ich aufgenommen. Frau: Sehn sie die, die nicht bescheid wissen über die Partei, die von drüben und so. Die denken alle das sind die bösen von der DDR. Überhaupt nicht. Überhaupt nicht. Das ist ne ganz neu gegründete Partei und die tut wirklich das kleine Volk unterstützen. Wir sind das Volk. Mann: Es müsste auf jeden Fall noch was passiern. Gut es ist schon gut. Es hat sich schon viel zum Positiven entwickelt, oder sehr viel zum Positiven entwickelt. Richtung ganze Umweltschutz was hier sowieso am Boden lag vor 23 Jahrn. Und mitterweile müsste nochn bisschen mehr geschehn. Frau: Ja in den Köpfen der Menschen. Müsste das auch noch n bissl was passiern. Mann: Müsste noch mehr verankert werden. Frau: Es ist schon über 20 Jahre her aber es ist trotzdem immer noch ne Mauer. Nicht bei allen. ich: Also sie meinen in den Köpfen: Vorurteile oder Vorbehalte. Mann: Zum Teil noch. Die wollen am liebsten noch wieder so ne Trennlinie haben. Es gibt immer noch welche. Aber das wird ne Minderheit. Wir sind das Volk Frau: Also ich bin natürlich Teil des Volkes. Aber ich finde nicht alles gut. Deswegen würd ich nicht sagen, ich identifiziert mich total mit Deutschland. Mann: Da muss sich noch was tun. Die Lebensbedingungen müssen stärker angeglichen werden. Es ist eigentlich nicht einzusehen, weshalb die hier eine anderes Lohns...Lohnniveau ist, als in Westdeutschland. Genauso bei den Renten muss sich auch noch was tun. Frau: Für mich gab's nie zwei Deutschland, deswegen ist es für mich ganz normal. Also ich könnte mir nicht vorstellen was noch fehlt. Frau: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich hab mich gerade mit einer älteren Dame unterhalten, die gesagt hat: Lieber möcht ich meine DDr wieder ham. ICH NICHT. ICH nicht! Also, nein, ich bin froh, dass es so gekommen ist. Ich sage immer. Man kann nicht nur Gutes mit nehmen. Man muss auch das Schlechte mitnehmen. Und ich denke in der Beziehung sehr realistisch. Ja es ist manches, was könnte besser sein. Aber, ja, es ist schwierig. Es ist ganz ganz schwierig. Und der Zusammenhalt, der beiden deutschen Staaten ist eben noch nicht so. das dauert noch ne Weile. Ich: Und haben sie ne Idee, wie man das verbessern könnte? Frau: Oh, ich glaube das is in den Köpfen noch zu sehr drinnen. Ne Idee hab ich dazu eigentlich nicht. Ne. Könnt ich nicht sagen, ist schwierig. Dazu befasse ich mich zuwenig mit Politik. Da müssten sie mein Enkelkind fragen. Die kennt sich da aus. Ich: Vielen Dank und eine schönen Tag noch. Frau: Danke, Ihnen auch.
Gesendet in SWR2: 27.10.2013
Upload Datum: 28.11.2013

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Zum Autor: Ich habe Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen und Medienkunst in Weimar studiert. Im Moment lebe ich in Zürich wo meine Ohren täglich von einer Baustelle gegenüber beleidigt werden.

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