BBC spart ein

09.07.2015

in der letzten woche wurde ein papier öffentlich, nach dem die BBC in den nächsten jahren 1/5 ihres budgets einsparen soll. die konservative regierung cameron begründet diesen vorstoß damit, dass den hörern und fernsehzuschauern über 75 die rundfunkgebühr (eigentlich ist es in großbritannien eine rundfunksteuer) erlassen wird. die BBC leidet seit jahren unter sinkenden einnahmen, unter anderem deswegen, weil immer weniger leute live fernsehen gucken und statt dessen sendungen über den BBC iPlayer on demand nach-gucken.

die BBC fing, wie alle europäischen sender, vor rund 90 jahren als regierungsorgan an. sie gehörte nämlich der post. aber schneller als andere emanzipierte sie sich und bildete eine sehr eigene kultur der berichterstattung und unterhaltung. teilweise lebt sie heute noch von diesem mythos.

im zweiten weltkrieg geriet die BBC in den festen griff der regierung, weil die bedeutung des rundfunks für politik und militärs als zentrales informations- und propagandainstrument gesehen wurde. so politisch sinnvoll das erscheinen mochte, es war ein bemerkenswerter vorgang, denn eigentlich war die BBC unabhängig, und kein gesetz sagt: im kriegsfall unbedingt der regierungsmeinung folgen.

die konservative premierministerin margaret thatcher legte in den 1980er der BBC strenge fesseln an. sie übte enormen druck auf den sender aus und wollte, so gern sie alles andere privatisierte, die BBC gern zum staatstragenden thatcher-sender machen. thatcher "litt" zum beispiel unter den generalstreiks der bergarbeiter, und sie wollte um jeden preis erreichen, dass die BBC sich nicht neutral stellte, sondern position gegen die gewerkschaften einnahm. ein großartiges buch dazu habe ich → hier rezensiert: pinktoes and traitors, von jean seaton.

der aktuelle vorgang zeigt einen weiteren vorstoß einer konservativen regierung, die selbständigkeit der BBC klein zu machen: die regierung halst der BBC die aufgabe auf, sich bei wegbrechenden renten um die alten leute zu kümmern, indem sie ihnen die rundfunksteuer erlässt. das ist bizarr: ein öffentlich-rechtlicher sender muss das ausbaden, was die sozialpolitik der cameron-regierung in den sand gesetzt hat. außerdem – auch ein cameron-politikum – sollen "schwarzhörer" nicht mehr ausgemacht und bestraft werden.

[ich habe weite teile des → wikipedia-artikels über die geschichte des hörfunks in deutschland geschrieben. die schwarzhörer sind ein chronischer stachel seit beginn des rundfunks.]

in deutschland ist das system völlig anders strukturiert. die einmischung von politik und industrie ist aber auch mächtig. der größte angriff jedoch kommt heute von innen, nämlich von wenig rundfunkaffinen entscheidern in den sendeanstalten, die man in schlüsselpositione katapultiert hat, um zu "sparen". dazu demnächst mehr.

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