Bernd Neumann

Über das Kulturradio der Zukunft

Zur Zukunft der Kulturradios. Von Bernd Neumann: „Ein hochwertiges Medienangebot ist von grundlegender Bedeutung für das Funktio-nieren unseres demokratischen Gemeinwesens. Hierbei gilt auch für das Radio: Im-mer weiter wachsende Informationsangebote erhöhen den Bedarf an zuverlässiger Sortierung und Gewichtung, an fundierten Beiträgen zu den laufenden gesellschaftli-chen und politischen Debatten. Daher sind und bleiben die kulturellen Rundfunkinhal-te ein unerlässlicher Bestandteil des Medienangebots! Die Kulturprogramme der öffentlich-rechtlichen Senderfamilie setzen ohne Zweifel Maßstäbe dafür, was wir überhaupt unter anspruchsvollen Qualitätsmedien verste-hen. Dies kann eine große und erfreulicherweise beim SWR2 wachsende Anzahl von Radiohörern täglich erleben. Nach der letzten Media-Analyse hören insgesamt rund 6 Mio. Menschen täglich die sogenannten „gehobenen Programme“. Ungeachtet die-ser großen Resonanz gilt: Kulturprogramme sind keine Massenprogramme - und müssen es auch nicht sein. Die speziellen Kulturprogramme bedeuten keinesfalls, dass damit das generelle öf-fentlich-rechtliche Programmangebot aus der Verantwortung für den Kulturauftrag entlassen wäre. Der Umgang mit kulturellen Themen im allgemeinen Programm, ins-besondere was die Attraktivität der Sendeplätze angeht, ist durchaus ausbaufähig – das habe ich wiederholt angemahnt. Es stellt sich immer wieder die Frage, inwieweit die Landesrundfunkanstalten ihrem Kernauftrag nachkommen, ganz wesentlich auch das Kulturgeschehen im eigenen Sendegebiet abzubilden oder sich eher nationalen oder internationalen Kulturthemen widmen. Gerade hier sollten sich Landesrund-funkanstalten und Deutschlandradio ergänzen. Bei den Privatsendern ist eine Erhöhung des Engagements bei relevanten kulturellen Themen sicher wünschenswert - trotz aller wirtschaftlicher Vorgaben. Ich stimme in-soweit mit dem Appell überein, den die vom Deutschen Bundestag in der letzten Wahlperiode eingesetzte Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ an die priva-ten Sender gerichtet hat, in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für die Kultur und das kulturelle Leben in Deutschland ihr Angebot kritisch zu überprüfen. Solche Anstren-gungen halte ich für umso wichtiger, als hier eine Hörerschaft erreicht werden kann, die das öffentlich-rechtliche Angebot zumeist nicht nutzt. Darüber sollte aber nicht vergessen werden, dass wir in Deutschland insgesamt ein kulturelles Radioprogrammangebot haben, das europaweit keinen Vergleich zu scheuen braucht. Unser Qualitätsradio hat selbstverständlich auch seinen Preis. Die Erfüllung des Kultur- und Bildungsauftrags ist dabei die zentrale Legitimation für die Finanzierung durch Rundfunkgebühren. Ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der sei-nen Kultur- und Bildungsauftrag nicht wahrnimmt, stellt seine Daseinsberechtigung in Frage. Natürlich muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinem Angebot auch breitenwirksam sein, um seinem Auftrag gerecht werden zu können. Die Gebührenfi-nanzierung soll gewährleisten, dass die Hörerquote nicht allein die maßgebliche Leit-linie für die Programmgestaltung ist, sondern eben die Erfüllung des Programmauf-trags. Und dieser schließt den Kultur- und Bildungsauftrag maßgeblich mit ein. Nun ist es aber auch nicht so, dass sich Kultur, Populäres und Unterhaltung aus-schließen, gerade wenn man die Programmgestaltung für eine jüngere Zielgruppe ins Auge fasst. Das öffentlich-rechtliche Kulturradio kann und sollte seine Hörer auch fordern und gerade das anbieten, was aus anderen Quellen weniger verfügbar ist. Und hier hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Potenzial, das im Bereich der e-lektronischen Medien herausragend ist. Das macht ihn in der Masse der Angebote nicht nur unterscheidbar, sondern unverzichtbar. Aber auch Kulturangebote müssen sich in der Konkurrenz um die knapper werdende Ressource „Aufmerksamkeit des Publikums“ behaupten. Ich appelliere deshalb an die Sender, Kulturangebote nicht an den Rand zu drängen, sondern sie auch in Zukunft als einzigartige, gemeinsame Stärke zu begreifen.“

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