Mehr mediale Dekonstruktion!

28.01.2015

Egal ob Feature und Reportage im Radio oder aufwändige Storytelling-Podcasts im Netz - Hörstücke werden den Hörern in der Regel als abgeschlossene Werke präsentiert. Was bei dieser Form der Publikation stets verborgen bleibt, ist die Geschichte hinter der Geschichte. Die Arbeitsweise des Reporters, die O-Ton-Auswahl des Autors, die Hintergründe zur Recherche und die Entstehung der Produktion. All das bleibt beim Hören eines veröffentlichten oder gesendeten Hörstückes außen vor. Dabei wäre eine mediale Dekonstruktion und die Transparentmachung der Arbeitsweise vor allem in Zeiten eines sinkenden Medienvertrauens wichtig.

 

Dekonstruktion als Format

Wie wäre es mit einem Talk im Anschluss eines Radiofeatures oder einer Reportage, in der die Entstehung eines Stückes erleutert wird? Zeit, um auf eventuell vorhandene Probleme und Herausforderungen in der Recherche einzugehen, die Auswahl der Experten und Protagonisten zu begründen, die eigene Arbeitsweise offenzulegen, Hörerfragen zu beantworten, die Geschichten zu erzählen, die im Stück nicht erzählt wurden. Kurz: Glaubwürdigkeit erhöhen und Transparenz schaffen.

 

“Songexploder” seziert die Musikproduktion

Dass eine detaillierte mediale Dekonstruktion eines Hörstückes auch unterhaltsam sein kann, zeigt der Musiker und Journalist Hrishikesh Hirway mit seinem Songexploder Podcast. Hirway nimmt Songs auseinander, Tonspur für Tonspur. Dabei tritt nicht er vordergründig als Experte auf, sondern die Künstler und Musiker selbst. Mit Interviewsequenzen und O-Ton-Collagen seziert Songexploder einen Track nach dem anderen. Einzelne Aufnahmesituationen werden beschrieben und mit korrespondierenden Original-Tracks des Songs illustriert. Hörtipp: Episode 23, “Stars - No One is Lost”.

 

“Howsound” und Geschichten hinter den Radiogeschichten

Die Dekonstruktions-Idee wendet Rob Rosenthal in seinem Howsound Podcast auf das Radio an. Sein Motto lautet: “The Backstory to Great Radio Storytelling”. In regelmäßigen Abständen bespricht Rosenthal mit Produzenten, Reportern und Autoren ihre Arbeiten, meistens konkret an einem Hörstück, das in der Regel nach den Interviews und einzelnen Ausschnitten oder Outtakes in kompletter Länge zu hören ist.

Darunter sind auch preisgekrönte Stücke wie “Burroughs at 100”, eine Audiodokumentation über das Leben und Schaffen des US-Schriftstellers William Burroughs, in der Iggy Pop als Sprecher auftritt. Einzelne Produktionsschritte, Zweifel des Autors und Konflikte zwischen ihm und dem dominanten Ego des Sprechers werden im Interview thematisiert, außerdem erfährt man viel über die Arbeitsweise freier Autoren, die für die BBC und US-amerikanische Radiosender produzieren.

In der aktuellen Howsound-Folge ist Phoebe Judge, Moderatorin des Criminal Podcasts, zu Gast. Sie berichtet u.a. vom Einfluss der Erfolgspodcastserie “Serial” auf ihr "Criminal"-Format. Ein spannender, unterhaltsamer Werkstattbericht, der das Medium Radio und Podcast analysiert und verständlich abbildet. Genau das ist sicherlich nicht nur für Radiomacher sondern auch für Hörer interessant.

 

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