Nordwärts - meine ersten Interviews

10.04.2014

Auf meiner Reise nach Lübeck, Hamburg und Cuxhaven treffe ich Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und den Schiffskoch der Helgoland. Von ihnen will ich wissen: Wie war der Alltag auf dem Schiff? Wie haben sie das Kriegsgeschehen wahrgenommen? Wie sind sie mit der Belastung durch die vielen Verletzten umgegangen? Und: Wie hat der Vietnamkrieg sie verändert? Vor meiner Reise in den Norden hatte ich schon viel recherchiert - und grausame Bilder gesehen. Zum Beispiel im Film „Nur leichte Kämpfe im Raum Da Nang“ aus den 1970ern. Der Regisseur Hans-Dieter Grabe (auch er steht auf meiner Interviewliste) hat damals Bilder von zerfetzten Kinder auf dem OP-Tisch gezeigt. Bilder, die heute unvorstellbar sind. Bilder, die mich auch heute noch zutiefst erschüttern. Für das medizinische Personal hingegen war die Arbeit auf dem Lazarettschiff weit weniger belastend, als ich angenommen hatte. Zumindest wird mir das immer wieder versichert. Denn: Schon bevor das Personal auf das Schiff kam, gehörte der Anblick von schlimmen Verletzungen auch in deutschen Krankenhäusern zu seinem Alltag. Und dennoch merke ich bei manchen Interviews, dass sich zum Beispiel eine Krankenschwester auch heute noch an besonders grausame Verletzungen erinnert - vor allem bei Kindern. Meine Interviewpartner waren in Da Nang - nur wenige Kilometer vom Kriegsgeschehen entfernt. In Da Nang gab es fast täglich Anschläge. Aus Sicherheitsgründen verließ die Helgoland bei Nacht den Hafen und fuhr aufs offene Meer. Dort war sie sicherer, falls Da Nang bombardiert werden sollte. Viele meine Interviewpartner erzählen mir, sie hätten die akute Gefahr gar nicht so sehr wahrgenommen. Sie wurden wahrscheinlich bewusst darüber im Dunkeln gelassen, vermuten sie heute. In den nächsten Wochen werde ich voraussichtlich einen Chefarzt treffen, der mir mehr über die damalige Sicherheitslage erzählen kann. Vom Schiffskoch erfahre ich: Das Essen auf der Helgoland war gut, richtig gut. Drei Mal am Tag gab es warmes Essen. Zum Beispiel am 29. März 1971: - Frühstück: Hawaitoast, Milchsuppe und gekochte Eier; - Mittagessen: Curry-Rahmsuppe, Eureka-Fischfilet gebraten, Kräuterbutter, Salzkartoffeln, Salat und Obst - Abendessen: Gemüseragout, Salzkartoffeln und Aufschnitt. „Seemänner wollen gut essen“, sagt der Schiffskoch immer wieder. Sonst sinkt die Stimmung.

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