#pop sunday

23.06.2015

Basisdemokratie in den Redaktionssitzungen

Walter Schricker leitete die Redaktionssitzungen der ersten ca. 10 Jahre in den Funkhäusern München und Nürnberg. Zu diesen (nicht im Rundfunk übertragenen) meist mehrstündigen Konferenzen wurden über Mundpropaganda oder über die Sendungen Club 16 und später Zündfunk junge, unbekannte Autoren eingeladen. Sie konnten vor Ort ihre Texte vorlesen und über die Texte anderer Autoren mit abstimmen. Jeder im Raum, einschließlich Mitglieder der Redaktion, hatte eine Stimme. Diese Form der Basisdemokratie war aus der Studentenbewegung der späten 1960er Jahre entsprungen und zog unter anderem die vom Establishment der großen Verlage abgestoßenen alternativen Literaturzeitschriften und ihre Autoren an. Zu den ersten Autoren zählten Wolf Wondratschek, Elfriede Jelinek und Herbert Achternbusch.

Anlaufstelle für junge Autoren

Mitte der 1970er Jahre war Pop Sunday eine feste Größe in der ARD-Rundfunklandschaft; keine andere Rundfunkanstalt konnte mit einer so anspruchsvollen wöchentlichen Sendung mit junger, neuer Literatur aufwarten. Die Sendung war politisch konzipiert; schöngeistige Texte hatten keinen Platz. Die Underground-Rockmusik unterstrich das. Für manche Autoren, wie etwa Helmut Krausser, der als 16jähiger seine erste Sendung hatte, war Pop Sunday ein Sprungbrett in eine eigene Karriere. Andere, wie Thomas Brasch, Jörg Fauser, Fitzgerald Kusz oder Thomas Meinecke machten hier ihre ersten Rundfunkerfahrungen. Pop Sunday wurde mit den Jahren immer aufwändiger produziert. Manche Sendungen hatten um 1980 Hörspiel-Charakter. Die Autoren machten häufig selbst Regie, es existierte aber auch ein fester Stamm freier Journalisten, die mit oder ohne eigene Texte in die Sitzungen kamen und ihre Regieerfahrung mit einbrachten.

Ende der Sendung

Nach Walter Schricker, häufig vertreten durch Konrad Franke, wurde Christoph Lindenmeyer Jugendfunk-Chef und leitete die Sitzung im Wechsel mit Dagmar Reim. Lindenmeyer beendete die Reihe Anfang 1984 – unter anderem weil sich die basisdemokratische Form nach 16 Jahren totgelaufen habe, immer weniger neue Autoren Interesse an dem Programm zeigten und in der Lage waren, ihre Texte akustisch anspruchsvoll aufzubereiten.

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