Jede historische Recherche beginne ich damit, herauszufinden, was schon über das Thema geschrieben wurde. Zuerst schaue ich beispielsweise in den Zeitschriftenarchiven von Zeit Online und Spiegel Online nach. So bekomme ich einen Eindruck von den Hintergründen, von der Stimmung und ein erstes Gefühl für die historische Dimension. Bei der Helgoland war klar, dass es schon damals einige Kontroversen zum Thema gab, mal abgesehen von den Vorwürfen, das Schiff sei ein schwimmendes Bordell gewesen. Diese Archivrecherchen erweisen sich gleichzeitig als Fundgrube für Gesprächspartner. In dieser Fundgrube finde ich neben Namen meist auch die Berufsbezeichnung und vielleicht auch weitere biografische Daten, etwa ehemalige Wohnorte. Dann durchsuche ich die Archive noch einmal nach den betreffenden Personen, um herauszufinden, ob sie noch in einem weiteren Zusammenhang erwähnt werden. Im Idealfall kann ich so schon eine kleine (Berufs)Biografie nachzeichnen, die mir später bei der Recherche hilft. Ich beschränke mich in diesem Stadium auf höchstens fünf Personen, das reicht für den ersten Schritt.
Danach beginne ich mit einer freien Internetrecherche. Zuerst einmal überlege ich mir, was mein Suchgegenstand ist. Dann welche Wörter oder Wortgruppen in diesem Zusammenhang auftauchen können, beispielsweise Chirurg, Chefarzt, Ehemalige Hospitalschiff Helgoland, Schiff, Hospitalschiff, Bord usw. Außerdem in welchen Zusammenhang diese Personen auftauchen können. Dann werfe ich google an und starte mit einer simplen und nicht gerade kreativen Namenssuche oder schlicht „Hospitalschiff Helgoland“. Habe ich dann Namen und Orte, suche in Telefonbüchern. Handelt es sich um Personen der Zeitgeschichte hilft der
Munzinger weiter. Das Archiv ist kostenpflichtig, aber manche Stadtbibliotheken haben einen Zugang in der Jahresgebühr enthalten. Im Idealfall habe ich jetzt einige Telefonnummern und dann rufe ich dort an - die Scheu, das sich hinter der Telefonnummer nicht mein gesuchter Gesprächspartner versteckt habe ich mittlerweile abgelegt (aber es war ein harter Kampf). Zeitzeugen sind selbstverständlich richtige Kontakt-Steinbrüche und können mit weiteren Kontakten helfen. Das funktioniert natürlich nur, wenn die Personen irgendwo gelistet sind oder im Telefonbuch stehen - jüngere Interviewpartner sind über Telefonbücher selten zu finden, da bedarf es anderer Strategien.
Komme ich mit der einfachen Suche nicht weiter, dann verfeinere ich die Suche und kombiniere meine Recherche-Ergebnisse. Kombinieren heißt in einfacher Form: Name, Berufsbiografie, Alter, Wohnort usw. Alle Informationen, die ich bei der Archivrecherche gesammelt habe.
Wenn all das nichts gebracht hat, probiere ich es mit Such-Operatoren von
google. Im Grunde geht es darum, sich vorzustellen wie ein Artikel aussehen könnte, in dem die Person vorkommt. Ein Beispiel: ich gehe davon aus, dass gesuchte Personen mit der Helgoland in Verbindung gebracht werden, wenn in einem anderen Zusammenhang über diese berichtet wird. Ich wusste, dass es einen Schiffskoch gab, der den Nachnamen Ennulat hatte, einen Vornamen hatte ich nicht. Ich überlege im nächsten Schritt, in welcher Kombination der Name auftauchen würde. Beispielsweise 'an Bord war XY Ennulat. (Hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt und die Kombination von Operatoren verfeinert die Suche). Also tippe ich in die Suchmaske \"mit an Bord der Helgoland war damals auch * Ennulat\" und siehe da: es kommt ein Artikel der Cuxhavener Nachrichten. Ich habe einen weiteren Zeitzeugen, den ich anschließend im Telefonbuch suche und finde. In diesem Fall sogar drei, denn neben dem Koch werden noch ein Pfleger und eine Krankenschwester erwähnt, die ebenfalls aus Cuxhaven sind. Bei der Helgoland habe ich noch andere Strategien angewendet, - dazu in einem anderen Artikel mehr.