Gerechtigkeit für den Fußball

Feature von galimatias

Dauer: 7:03 Minuten

Audio-Nr: #1160

Inhalt: Erhitze Gemüter, hochrote Köpfe, zerraufte Haare, fuchtelnde Arme. All diese Symptome sind während der Fußball Weltmeisterschaft periodisch und mit großer Verlässlichkeit kollektiv bei Beteiligten und Zuschauenden zu beobachten. Die Gerechtigkeit im Spiel um Millionen und Pokale ist momentan wohl wieder das heiß diskutierteste Thema der Welt. Wir sprechen mit dem Hauptakteur: dem Ball.

Schlagworte: Fußball,Gerechtigkeit,Homosexualität,Respekt,Bundesliga,Bälle,Fairness,Ballbehandlung

Skript: Wir müssen gewinnen, alles andere ist primär! Gerechtigkeit für den Fußball Erhitze Gemüter, hochrote Köpfe, zerraufte Haare, fuchtelnde Arme. All diese Symptome sind während der Fußball Weltmeisterschaft periodisch und mit großer Verlässlichkeit kollektiv bei Beteiligten und Zuschauenden zu beobachten. Die Gerechtigkeit im Spiel um Millionen und Pokale ist momentan wohl wieder das heiß diskutierteste Thema der Welt. Zwar bleibt das Raunen im Stadion wegen der allseits gehassten Vuvuzelas meist unerhört, doch hinter dem Getröte geht es immer noch um dieselben Fragen: Abseits oder nicht, Foul oder kein Foul, Elfmeter oder Schwalbe. In den letzten Jahren haben technische Innovationen weitere Diskussionsfelder eröffnet, wie etwa den Chip im Ball, Videoanalyse bei strittigen Szenen oder auch die sogenannte „wahre Tabelle“, die für sich in Anspruch nimmt die Spielergebnisse bereinigt von Schiedsrichterfehlentscheidungen abzubilden. Woche für Woche füllen sich die Internetforen der Fußballfans, mit immer neuem hätte, wäre, könnte,… Doch wie steht es tatsächlich um die Gerechtigkeit im Fußballgeschäft? Wir sprechen mit einem direkt Beteiligten, einem der es ja wissen muss, denn letztlich dreht sich doch alles nur um ihn: der Ball. R: Sie fordern mehr Gerechtigkeit im Fußballgeschäft. Worum geht es da genau? Ball: Ja gut, das betrifft natürlich die verschiedensten Bereiche. Unsere Situation ist teilweise schon ziemlich prekär. Viele kommen mit der Doppel – oder sogar Dreifachbelastung in den verschiedenen Wettbewerben nicht so gut klar. Man ist ja sowieso schon immer am Wochenende beruflich unterwegs. Zeit für die Familie und Freunde ist deshalb denkbar knapp. R: Einige würden jetzt sagen: „der soll sich nicht so anstellen! Es ist doch schließlich nur ein Spiel!“ Ball: Bei allem Respekt, für die Damen und Herren Zuschauer ist das ja auch einfach! Aber für uns ist das harte Arbeit. Auch dass uns Reporter verniedlicht „Spielgeräte“ nennen, finde ich nicht gut. Wir sind schließlich auch Profis und trainieren täglich, um die entsprechenden Leistungen bringen zu können. R: Sie spielen jetzt seit fünf Jahren in der Bundesliga. Wie steht es da um die Ballbehandlung? Ball: Also, die Belastung ist schon enorm. Hier mal ein Pressschlag, da mal ein Dropkick, da geht´s einem manchmal ganz schön ans Leder. Und dann noch die englischen Wochen. Aber ich bin schon froh nicht mehr unterklassig zu spielen. Da weht noch ein viel rauerer Wind. Da liegst du teilweise minutenlang auf irgendeinem Acker und keine Sau kümmert sich. Die Beziehung zu den Spielern ist aber eigentlich enger. In der Bundesliga dauert so ein Ballkontakt ja nur noch ein, zwei Sekunden. da bleibt das Persönliche oft auf der Strecke. R: Welchen Einfluss hat das auf ihr Spiel? Ball: Naja gut, es kann schon sein, dass man hier und da mal überreagiert und einfach verspringt. Das ist doch normal, wenn du gerade noch von einem Spieler geküsst wurdest und im nächsten Moment schnappt der Typ sich schon den Nächsten. Jeder und Jede von uns hat eben seine oder ihre besonderen Stärken und Schwächen. R: Ein heikles Thema! Fußball und Homosexualität. Ihre Meinung? Ball: Das muss jeder für sich entscheiden. Eine subjektive Neigung zu diskriminieren geht meiner Meinung nach einfach nicht! Ich selbst habe schon immer gesagt, dass ich auf Rasen stehe, egal was die anderen denken. Und das ist auch gut so! Aber auch unabhängig von der sexuellen Orientierung, muss man schon sagen, dass sich da einiges verändert hat. Früher wurde man als Ball noch „gestreichelt“ oder „brasilianisch“ behandelt. Heute gibt´s doch nur noch „One-Touch-Fußball“. Da ist doch höchstens noch ein Tempodribbling drin, um sich mal kurz näher zu kommen. Traurig sowas! R: Einige ihrer Kollegen wären bereit sich einen Chip implantieren zu lassen, um bei strittigen Situationen künftig definitiv aus dem Schussfeld zu geraten und eine gerechte Entscheidung zu ermöglichen. Ist das für sie eine Option? Ball: Da bin ich eher skeptisch. Früher ging´s doch auch ohne. Und so ein Ball ist doch eine runde, geschlossene Sache. Das sollte auch so bleiben! Außerdem: Man muss sich ja nur mal die Flugbahnen einiger dieser Kollegen ansehen. Finden die das gerecht?! R: Ein interessanter Punkt. Insider behaupten, das hätte was mit den veränderten Nähten zu tun. Wie fühlt sich das an? Ball: Durch die neuen Nähte weis man manchmal selber nicht mehr, wo einem das Ventil steht. Früher wurde man wenigstens nach einem fulminanten Distanzschuss noch vom Torhüter gefangen, heute wirst du doch höchstens noch abgeklatscht oder gleich weggefaustet. Das ist doch nicht fair. Schlimm genug, wenn unsereins immer wieder mal Bekanntschaft mit dem Aluminium machen muss. Es heißt doch nicht umsonst „das runde muss ins Eckige“, und nicht ans Eckige! R: Sie sind jetzt hier bei der WM in Südafrika. Welche Erwartungen haben sie? Ball: Das Finale ist natürlich ein Traum für jeden Ball! Aber wenn ich mich schön flach halte und alles rund läuft, dann ist auch da einiges möglich! Außerdem bin ich sehr froh, dass eine WM jetzt endlich in Afrika, und speziell hier stattfindet. Das ist ein wichtiges Signal. Wir Bälle haben ja schon immer gezeigt, dass Schwarz und Weis zusammen gehören! Reporter: Als „Pille“ haben Sie 2006 bei der Fußball-WM in Deutschland weltweite Berühmtheit erlangt. Sie waren damals als Partner von „Goleo VI“ unterwegs. Wie ist ihr Verhältnis heute? Ball: Wir telefonieren noch gelegentlich, aber ansonsten macht jeder sein Ding. Er hängt eigentlich nur noch mit den anderen Maskottchen rum. Mir war das irgendwann einfach zu wenig. R.: Ich danke Ihnen für dieses Gespräch! Fußballnationalphilosoph Michael Ballack übt sich außerdem in der Medienschelte. „Man hetzt die Leute auf mit Tatsachen, die gar nicht der Wahrheit entsprechen“. Ein anderer ehemaliger Englandlegionär, Didi Hamann, zeigt, dass es beim Thema Fairness im internationalem Wettbewerb auch schon mal zu Missverständnissen kommen kann: nach einem Revanchefoul an seinem französischen Gegenspieler sah er folgerichtig die rote Karte und gab hinterher zu Protokoll, er hätte die Nerven verloren, als dieser ihn einen „Pardon“ genannt hatte. Es liegt offensichtlich sowohl an der Natur der Spiels, als auch der Gerechtigkeit selbst, dass es keinen Konsens geben kann. Oder wie Klaus Augenthaler weltmännisch bemerkte: „Wir leben zwar alle auf dieser Erde, aber eben auf verschiedenen Spielhälften“. Bevor Sie sich also das nächste Mal über Ungerechtigkeiten beim Fußball aufregen, lassen Sie doch erstmal alles nochmal Paroli passieren (Horst Hrubesch), denn keiner verliert ungern (Michael Ballack). Gehen Sie auch mal mit den Anderen Chloroform (Helmut Schön)und denken Sie an die Worte des Kaisers Franz: „Es gibt nur eine Möglichkeit: Sieg, Unentschieden oder Niederlage“!
Gesendet in SWR2: 07.07.2010
Upload Datum: 21.06.2010

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Dokublog Autor galimatias

Zum Autor: -geboren 1973 in Northeim -aufgewachsen in Moringen (Niedersachsen, bei Göttingen -ab ´93 Studium Politik/DaF/DaZ in Bremen -´97 und 2000 jeweils 9 Monate in Valencia (Spanien) -seit 2004 in Berlin -zur Zeit Fernstudium "Digitale Audioproduktion" -krausedoku (Radiofeature) Musiker; Tontechniker; Dj; One Man Orchestra; Möchtegern Barkeeper aktuelle Projekte: Marmite & The One Man Orchestra (Band)

Website: http://www.hoerlabor.de/

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